Handwerk

Natürlicher Glutinleim

Allgemeines

Auf der Suche nach einer Alternative zu den gängigen chemiehaltigen Klebstoffen und Leimen in der Holzverarbeitung, bin ich auf die althergebrachten Glutinleime gestoßen. Glutinleime werden aus Tierabfällen hergestellt und entsprechen der im Lebensmittelbereich erhältlichen Gelatine. Angeblich sind sie sogar essbar, was ich aber auf Grund des doch etwas gewöhnungsbedürftigen Geruchs schwer bezweifle. Zumindest bin ich sicher, dass es kein Genuss ist!

Je nachdem aus welchem Teil des Tieres der Leim gewonnen wird, unterscheidet man zwischen Hautleim und Knochenleim. Genau wie Haut und Knochen unterscheiden sich die beiden Sorten darin, wie hart sie am Ende werden. Knochenleimverbindungen werden extrem stabil, aber hart und spröde. Hautleimverbindungen bleiben etwas flexibler und wurden zum Beispiel in der Buchbinderei verwendet.

Hasenleim ist ebenfalls gängig und wird aus Haut und Knochen von Kleintieren wie Hasen und Kaninchen hergestellt. Er ist ebenfalls elastisch.

Verarbeitung

Früher wurden Glutinleime in Plattenform verkauft, heutzutage erhät man sie als Granulat. Das hat den Vorteil, dass die Vorbereitungszeit deutlich geringer ist. Um den Leim verarbeiten zu können, muss er in Wasser gelöst und erwärmt werden. Laut Hersteller soll das Granulat über Nacht gewässert und die gequollene Masse dann im Wasserbad auf maximal etwa 65° erwärmt werden. Temperaturen darüber beeinträchtigen die Klebekraft.

Ich habe festgestellt, dass man den Leim innerhalb etwa einer Stunde Verarbeitungsbereit bekommt, wenn man das Granulat bereits in 60° warmem Wasser löst und dabei gelegentlich rührt. Auf diese Weise ergibt sich in relativ kurzer Zeit ein einsatzbereiter Klebstoff. Als Anhaltspunkt für die benötigte Wassermenge kann man einfach so viel Wasser zum Granulat hinzugeben, dass es vollständig bedeckt ist. Üblicherweise noch ein klein Wenig mehr. Die Konsistenz der warmen Masse sollte etwa der Konsistenz von warmem Honig entsprechen. Also ziemlich flüssig, aber nicht ganz so flüssig wie Wasser. Natürlich ist das auch ein wenig Geschmackssache oder hängt vom Anwendungsfall ab. Um die Konsistenz einzustellen, sollte man abwarten bis das Granulat vollständig gelöst ist und die gesamte Masse die Temperatur angenommen hat.

Nach meiner Erfahrung ist ein sehr flüssiger Leim gut zu verarbeiten und hat bei planen Oberflächen eine immense Klebekraft, da er gut in das Material und die Poren eindringen kann. Ein sehr zäher Leim hat den Vorteil, dass er ganz minimal spaltfüllend wirkt und sich damit auch nicht ganz perfekte Oberflächen verkleben lassen. Die Klebekraft ist dann jedoch reduziert und die Spalte dürfen sich nur im Zehntelbereich befinden. Alles darüber kann auch mit zähflüssigem Leim nicht gefüllt werden.

Das größte Problem besteht darin, ein Wasserbad mit kontinuierlich 50-60°C bereitzuhalten. Hierzu ist meiner Meinung nach ein Hilfsmittel unerlässlich. Entweder kauft man einen professionellen Leimtopf, einen Babyflaschenwärner oder man baut selbst etwas. Ich habe mich für letzteres entschieden und mittels Heizpatrone aus einem 3D-Drucker und Arduino Nano ein geregeltes Wasserbad konstruiert. Eine Beschreibung findet sich demnächst vielleicht hier.

Damit der Leim gut haftet und man für die Verarbeitung Zeit gewinnt, sollten die zu verleimenden Flächen vorher erwärmt werden. Verleimt man dünnes Holz wie zum Beispiel Furnier, kann auch bereits abgebundener Leim reaktiviert werden, indem man ihn wieder warm und feucht macht. Das geht zum Beispiel mit einem Dampfbügeleisen.

Ist man mit seiner Arbeit fertig, kann der Leim im offenen Gefäß abkühlen und im Idealfall austrocknen. Auf diese Weise kann man ihn lange lagern und zur erneuten Verwendung einfach wieder mit Wasser ansetzen. Da es sich um ein tierisches Produkt handelt, werden sich für den Fall, dass der Leim nicht zügig vollständig austrocknet, Bakterien und Pilze mit großer Freude darauf stürzen. Dann ist er natürlich nicht weiter verwendbar und muss entsorgt werden. Am Besten setzt man immer nur kleine Mengen an, die schnell trocknen und auch im ungünstigen Fall kein großer Verlust sind, wenn sie doch einmal zu schimmeln beginnen.

Das warme Gefäß mit einem Deckel zu verschließen ist nicht sinnvoll, da dies nur die Feuchtigkeit erhält und somit das Verderben begünstigt.

Anwendungsbereiche

  • Möbelbau für den Innenbereich
  • Modellbau
  • Kinderspielzeug
  • Etiketten auf Gläser kleben
  • Buchbinden (Hautleim)

Vorteile

Hat man das Problem des temperaturgeregelten Wasserbades gelöst, ergeben sich immens viele Vorteile. Der Leim hat eine unendliche Topfzeit und kann nicht eintrocknen. Wenn die Konsistenz zu zäh wird, gibt man einfach wieder etwas Wasser hinzu.

Glutinleime sind umweltfreundlich und ungiftig. Sie bieten sehr guten Halt. Eine Verbindung ist unter Einsatz von Wärme und Feuchtigkeit rückstandsfrei lösbar und somit wartungsfreundlich. Die Anfangshaftung kommt sehr schnell zu Stande und es wird kein extrem hoher Anpressdruck benötigt. Der Leim trocknet außerdem transparent auf und lässt sich schleifen und überstreichen.

Ich habe gelesen, dass man auf keinen Fall Pinsel mit Metallfassungen verwenden soll, da das Eisen mit dem Leim reagiert und er dabei braun wird. Außerdem verschlechtern sich die Klebeeigenschaften. Ich habe keinen Pinsel ohne Metallfassung zur Verfügung gehabt und mir gedacht: Probier es einfach, so schlimm wird es schon nicht werden. Es hat sich gezeigt, dass auch nach Wochen keinerlei Reaktion mit dem Metall stattfindet. Ich vermute das liegt daran, dass heutzutage Aluminium günstiger ist als eisenhaltiges Blech und somit überhaupt kein Eisen in der Metallfassung meines Billigpinsels enthalten ist.

Nachteile

Die Verbindungen sind nicht wasserfest. Wasserfeste Verbindungen sind allerdings auch mit herkömmlichen Leimen schwierig bzw. letztlich unmöglich. Lediglich die Beständigkeit gegenüber Feuchtigkeit kann stark erhöht werden.

Die Verderblichkeit wurde oben bereits erwähnt. Ich nehme, seitdem mir das einmal passiert ist, den Pinsel aus dem restlichen Leim und setze nur so viel wie kurzfristig benötigt an.

Der wohl größte Nachteil der Glutinleime ist, dass sie warm verarbeitet werden müssen. Ohne Hilfsmittel bringt es einen vermutlich um den Verstand immer auf die Temperatur des Leims achtgeben zu müssen, während man in der Werkstatt arbeitet.